Tagfalter (Rhopalocera) und Dickkopffalter (Hesperiidae)
 
In Deutschland kommen ca. 185 Arten von Tagfaltern und Dickkopffaltern vor. 112 Arten oder 60,5 Prozent davon sind gefährdet, 6 Arten verschollen und weitere 28 stehen auf der Vorwarnliste. Die Gründe für den Rückgang der Artenzahl sind Grünlandintensivierung, Entwässerung (Melioration) und Abtorfung, Anpflanzung von Nadelholzmonokulturen zu Ungunsten naturnaher Mischwaldbestände, Vernichtung der Waldmäntel und Gebüsche, der Verlust von Magerrasen durch Aufforstung und/ oder Sukzession u.a.

Tagfalter gehören zu den bekanntesten, beliebtesten und am besten erforschten Tiergruppen. Untersuchungen der Tagfalterfauna sind für eine ganze Reihe von landschaftsökologischen Fragestellungen wichtig. Tagfalter sind unverzichtbar bei der Zustandsbewertung der meisten Lebensräume und ihrer Entwicklungsrichtung, so z.B. bei Arteninventarisierung, Monitoring, Pflege- und Entwicklungsplanungen und bei der Eingriffsbewertung. Viele Arten taugen gut als Indikatorarten zum Vergleich verschiedener Gebiete oder für Erfolgskontrollen, wenn es um den zeitlichen Vergleich zwischen einzelnen Vorgängen geht (z.B. Erfolg einer Entbuschungsmaßnahme oder die Folgen von Sukzession). Bei den folgenden Biotopen sollten Tagfalter immer untersucht werden: Magerrasen, Felsflure, Warme Wälder, Waldsäume und Gebüsche, blütenreiche Wiesen, Ruderalflächen, in Mooren, feuchten Wiesen und Hochstaudenfluren.

Bei den Methoden gibt es eine Vielzahl von verschiedenen Möglichkeiten. Die Methode muss dabei stets der Fragestellung angepasst sein. Grob unterscheidet man auch hier zwischen qualitativen und quantitativen Ansätzen.
Qualitative Methoden werden auf der Gesamtfläche oder ausgewählten Teilflächen durch die Suche nach Faltern (Imagines) und / oder die Suche nach Eiern, Raupen und Puppen (Präimaginalstadien) angewandt. Die Suche nach Imagines kann dabei durch beobachten, keschern oder anködern geschehen. Der Nachweis am Köder bringt insbesondere bei Arten gute Erfolge, die durch Beobachtung oder Keschern nicht oder nur schlecht nachweisbar sind (z.B. Großer Eisvogel (Limenitis populi), Großer und Kleiner Schillerfalter (Apatura iris & A. ilia).

Bei den Quantitativen Methoden unterscheidet man wiederum quantitative und halbquantitative Ansätze. Bei der halbquantitativen Methode wird die Häufigkeit anhand der folgenden Tabelle grob geschätzt:

Häufigkeitsklasse
Zahl der Individuen
Verbale Bezeichnung
1
1 Individuum
Einzeltier
2
2-10 Individuen
selten
3
11-25 Individuen
mäßig häufig
4
26-50 Individuen
häufig
5
> 50 Individuen
sehr häufig


 
Die halbquantitative Methode liefert beim Vergleich verschiedener Flächen gute Ergebnisse, besonders dann, wenn die zu vergleichenden Flächen sich in Vegetation und Gestalt ähneln. Wichtig hierbei ist allerdings, dass diese Flächen jeweils zur selben Jahreszeit untersucht werden und dass sie etwa gleich groß sind. Bei der Auswertung dieser Ergebnisse lassen sich z.B. maximale oder durchschnittliche Populationsgrößen grob ermitteln.

Im Gegensatz zu den halbquantitativen liefern die quantitativen Methoden tatsächliche Werte für die Bestandsdichte einer Art auf einer bestimmten Fläche. Besonders wichtig sind die quantitativen Methoden, wenn es nicht nur um eine grobe Schätzung der Populationsgröße einer Art geht, sondern genaue Individuenzahlen benötigt werden, z.B. bei Erfolgskontrollen, Entwicklungsplänen oder zur Eingriffsbewertung.
Bei den folgenden Quantitativen Methoden muss allerdings bei der Ergebnisauswertung berücksichtigt werden, dass bei Einhaltung der standardisierten Methoden ein Vergleich ähnlicher Flächen mit zur Untersuchungszeit ähnlichen Untersuchungsbedingungen gute Vergleichsmöglichkeiten erbringt; der Vergleich verschiedener Jahre aber aufgrund von äußeren Bedingungen (natürliche Populationsschwankungen, Witterung, Parasiten etc.) zu Ungenauigkeiten oder Fehlern führen kann. Die Auswertung muss deshalb sorgfältig durchgeführt werden und mögliche Fehlerquellen berücksichtigen.
Die drei Qualitativen Methoden sind: Transektmethode, Punkt-Stop-Zählung und Fang-Wiederfang- Methode.
Bei der Transektmethode wird die Individuenanzahl pro Flächeneinheit gemessen. Die Fläche wird dabei in einem festgelegten Streifen durchschritten, der gerade oder in Kurven verlaufen kann (z.B. 200 m lang und max. 5 m breit). Die Tiere werden , nach Arten getrennt, in dem 5 m-Streifen gezählt. Besonders geeignet ist diese Methode in / an schmalen oder linearen Lebensräumen wie z.B. Hecken. Zu achten ist dabei auch darauf, die Falter nicht vor sich her zu treiben, um Doppel- und Dreifachzählungen zu vermeiden.

Die Punkt-Stop-Zählung erfasst die Individuenanzahl pro Zeiteinheit, d.h. innerhalb z.B. einer viertel oder einer halben Stunde werden alle Individuen auf einer festgelegten, überschaubaren Fläche gezählt.
Beide Methoden eignen sich jedoch nur für zweifelsfrei erkennbare Arten. Bei vielen Bläulingen und Scheckenfaltern sind beide Methoden nicht anwendbar. Zu beachten ist ferner, dass nur aktive Falter erfasst werden, was besonders bei nicht optimalen Untersuchungsumständen (niedrige Temperatur, Wind etc.) zur Verfälschung der Ergebnisse führen kann. Damit es nicht zu solchen Verfälschungen durch ungünstige Witterungsbedingungen kommt, sollten die Begehungen am Tag zwischen 10.00 Uhr und 16.00 Uhr bei sonniger, warmer und möglichst windstiller Witterung stattfinden.
Die genaueste, aber auch mit Abstand aufwendigste Methode ist die Fang-Wiederfang-Methode. Bei dieser werden Individuen einer Art markiert. Werden markierte Falter später wieder gefangen, kann man daraus Schlüsse z.B. zu Wanderungen, Ausbreitungspotential, zur Gefahr der Isolierung etc. ziehen. Um aber verwertbare Ergebnisse zu erhalten müssen viele Tiere markiert und wiedergefangen werden, was einen sehr großen Arbeitsaufwand bedeutet.
Für die meisten Untersuchungen und Fragestellungen reicht eine Kombination von Transekt- und Fang-Wiederfang- Methode (Standartmathode) aus. Beim potentiellen Vorkommen von stark gefährdeten und / oder Arten mit geringen Populationsdichten („low-density-species“), bei Schutzmaßnahmen für spezielle Arten, Eingriffsbewertungen, Erfolgskontrollen oder zur Verbesserung der Erfassungswahrscheinlichkeit sollte aber auch eine gezielte Suche nach Präimaginalstadien durchgeführt werden.
Der Zeitaufwand bei Untersuchungen der Tagfalterfauna hängt stark von der Methode bzw. der Anzahl der angewandten Methoden und dem Untersuchungsgebiet ab. Generell sollten 5 -7 Begehungen von April bis September stattfinden. Je Hektar ist beiAnwendung der Standardmethode mit einem Zeitaufwand von ein bis drei Stunden zu rechnen. Durch die Suche nach Präimaginalstadien kann sich der Untersuchungsaufwand sehr erhöhen, z.B. wenn nach Überwinterungsgespinsten des Großen Eisvogels gesucht wird.
Die Anzahl der Arten, die sich durch die o.g. Methoden erfassen lassen, hängt von der Anzahl und Zeitpunkt der Begehungen pro Jahr und von den angewandten Methoden ab. Auch die Phänologie, d.h. die Flugzeit der Falter im Gebiet, sollte bekannt sein, um Untersuchungstermine diesen Zeitpunkten anpassen zu können. Mit diesen Methoden liegt der Erfassungsgrad des Gesamtartenspektrums bei ca. 80 % .